Folgen des Klimawandels berühren uns nicht — oder doch? Na gut, da waren zwei Hitze-Sommer, da waren in verschiedenen Regionen „Jahrhundertfluten“, ja mei, das kann halt passieren, das Wetter ist halt unzuverlässig, oder? Jetzt bombardieren sie uns vermehrt mit Meldungen von Klimaschäden: riesige Waldbrände in Sibirien, zuviel Wärme in der Arktis und schnelles Abschmelzen des Eises, und so. Fehlt noch ein Sack Reis, der in China umfällt, oder was?
Und jetzt dies: Hier bei uns, z.B. im Kölner Stadtwald, werden vermehrt Buchen und andere Bäume gefällt, weil sie vertrocknen oder wegen Trockenheit anfälliger für Pilze und Schädlinge geworden sind und umzufallen drohen. Und ein Biologe stellt fest, dass er schon mehrere Tigermücken in Köln gesichtet hat (die gehören eigentlich in die Subtropen und Tropen).
Wer mal rausfährt, z.B. ins Bergische Land, sieht schon an der Autobahn immer wieder Fichten, die braun geworden sind oder schon wie Gerippe dastehen. Und beim Waldspaziergang sieht man jede Menge gefällte Fichten, die vom letzten Sturm umgedrückt oder abgebrochen wurden, und von denen die meisten, sogar für Laien sichtbar, von Borkenkäfern heimgesucht worden waren.
Aber so isser, der Homo Sapiens: Was er nicht zur Kenntnis nehmen will, das verdrängt er. Nicht alle sind blöd genug, Donald Trumps Behauptung zu folgen und den (zum großen Teil von Menschen gemachten) Klimawandel als „Erfindung der Chinesen“ abzutun. Aber viele wollen gern glauben, dass alles übertrieben sei und nicht so schlimm. Vor allem wollen die meisten nicht vom Gewohnten lassen und schon gar nicht auf irgendetwas verzichten.
Kein Wunder, dass vielen, vor allem jungen Menschen der Kragen platzt und sie mit der „Fridays-for-Future“-Bewegung der schläfrigen Politik Beine machen wollen. Erste Erfolge sind da, krasses Beispiel ist die Kehrtwende des ergrünten bayrischen Ministerpräsidenten Söder (CSU).
Währenddessen hatte sein Parteikollege Scheuer (Bundesverkehrsminister) den grandiosen
Einfall, Elektroroller für den öffentlichen Straßenverkehr zuzulassen — als Beitrag zur Verkehrswende. Mit den Folgen lässt er die Städte allein, es gibt Unfälle, oft werden die Roller einfach irgendwo stehen oder liegen gelassen. Im Nachhinein denkt man über verschärfte Regeln nach.
Der Homo Sapiens Germanicus der Gegenwart will meist auf Gewohntes nicht verzichten, wie schon gesagt, und er will seit Neuestem sich nichts von niemandem mehr sagen lassen. Regeln — wozu? Sollen sich doch Andere daran halten, ich nicht, mir sagt keiner was! Man erlebt es im Straßenverkehr, und auch sonst im menschlichen Miteinander, das oft zu einem Gegeneinander entgleist. Es scheint, als degeneriere bei vielen Exemplaren des Homo Sapiens die Fähigkeit, sich in ein soziales Miteinander einzuordnen. Manche scheinen da geistig überfordert, da vermisst man die soziale Intelligenz.
Ist das eine Art von Wohlstandsverwahrlosung, die in den wohlhabenden Industrieländern um sich greift? Findet deshalb vielleicht auch das Ertrinkenlassen von Flüchtlingen im Mittelmeer Zustimmung in Teilen der Bevölkerung Europas? Man kann doch nicht ernsthaft behaupten, das stehe im Einklang mit den Werten der Europäischen Union — oder etwa doch? Die viel beschworene „christlich-jüdische Kultur des Abendlandes“, moralische Grundlage Europas — was ist sie praktisch wert? Politikergewäsch? Und welche Werte will eigentlich Pegida verteidigen — gegen den Islam?
Entweder haben wir es da durch die Bank mit hohlen Phrasen zu tun, oder diese Menschen wissen überhaupt nicht, wovon sie reden.
W. R.
Nachtrag am 10.09.2019: Erneut widmet der Kölner Stadt-Anzeiger dem Thema Waldsterben im Stadtgebiet einen langen Artikel:
Ist schon traurig! Ausgerechnet Buchen erliegen in großer Zahl der Trockenheit. Diese schönen Laubbäume, Schmuck des deutschen Waldes, deren silbergrau wie Säulen aufragende Stämme mit ihrem geschlossenen Laubdach an manchen Stellen geradezu Natur-Kathedralen bilden…
Wenn es überhaupt gelingt, im veränderten Klima diese Bäume nachzupflanzen, dann brauchen sie 80-100 Jahre, um bei gutem Wachstum die aktuellen Verluste zu ersetzen. Das werden die jetzt jungen Leute kaum noch erleben.