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Demokratie ja, aber bitte ohne Lemminge

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EMOKRATIE ist, wenn man abstimmt und die Mehrheit entscheidet — oder? So simpel sehen das anscheinend viele Leute. Und wählen mit dem Bauch den, der die einfachsten, aber emotional eingängigsten Parolen verbreitet.

So haben beim Brexit-Plebiszit viele Gebildete dagegen und für die EU-Mitgliedschaft gestimmt, also Leute, die gewohnt sind, ihren Kopf zum Denken zu benutzen und nicht nur als Hutablage. Eine Mehrheit ließ sich aber durch emotionale Retro-Parolen im Verbund mit dreisten Lügen für den Brexit mobilisieren. Es kam sogar zu einem Mord an einer jungen Politikerin, die sich für den Verbleib in der EU einsetzte.
Jetzt haben sie den Salat: Zank und Streit um die richtige Strategie bei den Austrittsverhandlungen, das jahrelang ruhende Nordirland-Problem kocht wieder hoch, Schottland liebäugelt mit einem erneuten Anlauf zur Unabhängigkeit, und die Wirtschaftsvertreter beschweren sich über drohende Nachteile für die britische Wirtschaft nach dem EU-Austritt.
Das alles konnte man vorher wissen.
Wenn da nicht die Desinformations-Kampagne der von Pressezar Rupert Murdoch gesteuerten Massenblätter gewesen wäre: Da konnte man einmal zu Recht von „Lügenpresse“ sprechen.
Ansonsten ist der Begriff „Lügenpresse“ ja bei uns von Rechten besetzt, die damit das Vertrauen in unsere Medien untergraben wollen. Klar: Gut informierte BürgerInnen werden den Teufel tun und Leute wählen, die ihre Parolen dem Heimatfilm der 1950er Jahre entnehmen, die folglich keine Lösungen für die heutigen und zukünftigen Probleme anbieten, stattdessen Gefühlsduselei als eine politische Haltung verkaufen und dumpfe Vorurteile als „gesundes Volksempfinden.“
Wer denken kann (und will!) und sich unsere heute drängenden Probleme im Land und in der Welt anschaut, der sieht, dass 1. die Welt komplizierter ist, als uns Populisten weismachen wollen, und dass 2. darum allein aus dem Bauch heraus gar nichts gelöst werden kann, sondern dass viele Lösungen nur möglich sind nach viel ernsthafter Sacharbeit und oft langwierigen Verhandlungen mit den Beteiligten und Betroffenen.
Sowas ist natürlich manchen Leuten zu langweilig und bietet keine Möglichkeiten, sich mit schnellen Lösungen in Szene zu setzen. Entsprechend führen sich die Vertreter rechter Parteien in den Parlamenten auf. Sie sind spezialisiert auf Sprücheklopfen und populistische Parolen, versagen aber in der Sacharbeit, wo es wirklich um Änderungen und Verbesserungen für die Bevölkerung geht.
Sie verweigern echte Sacharbeit mit der vorgeschobenen Begründung, das gehe ja eh alles in die falsche Richtung; dahinter steckt ihre kaum verhüllte Ablehnung der Demokratie überhaupt. Sie wollen einen autoritären Staat, gelenkt (natürlich) von einem der Ihrigen. In ihren Augen machen Putin, Orban, Erdogan und ja, auch Trump Vieles richtig.
Diese Politiker benutzen scheinbar demokratische Verfahren, um ihre Macht zu vergrößern. Ebenso die PiS-Regierung in Polen. Nachdem sie die Bevölkerung mit nationalistischen Bauch-Parolen in Stimmung und dazu gebracht haben, mit Mehrheit für sie zu stimmen, lassen sie die Macht nicht mehr los und gehen schrittweise daran, alle Teile des Staates umzukrempeln, wo sich noch Opposition regen und artukulieren könnte: „Machtergreifung“ nannten die Nazis ihr ähnliches Vorgehen.
Auch bei uns wollen Feinde dieses demokratischen Systems die Macht durch emotional beeinflusstes Abstimmungsverhalten erobern, um dann die Demokratie in ihrem Sinne umzubauen, d.h.: von innen auszuhebeln und abzuschaffen. Äußerlich bleibt eine ausgehöhlte Fassade von staatlichen Institutionen, die in Wahrheit gleichgeschaltet sind und sich eben nicht mehr gegenseitig kontrollieren, wie es in einer funktionierenden Demokratie sein sollte.
Aber damit sind wir noch nicht am Ende der Beschreibung, was Demokratie wirklich und dem Wesen nach ist. Freie und geheime Wahlen, Mehrheitsentscheidungen, Teilung der staatlichen Gewalt in Legislative, Exekutive und Jurisdiktion, damit verbunden die gegenseitige Kontrolle dieser klassischen „drei Gewalten“, dazu Meinungsfreiheit und freie Medien. Lange Zeit sprach man – besonders in den USA – von der Presse als „vierter Gewalt,“ weil sie nicht nur für informierte BügerInnen sorgte, sondern auch staatliches Handeln kritisch hinterfragte. Das ist bei einer Konzentration am Markt nicht mehr so einfach (siehe R. Murdoch beim Brexit); und das Internet macht die Sache noch schwieriger für die traditionellen Medien, in denen hauptberufliche Journalisten das Handwerk der Nachrichtenvermittlung noch gründlich gelernt haben.
Auch da setzen die Rechtsaußen an und wollen mit der Parole „Lügenpresse“ (oder vornehmer: „Mainstream-Medien“) die wenig durchblickenden Menschen verunsichern und auf Internet-Kanäle locken, wo genau das stattfindet, was die „Lügenpresse“ angeblich tut oder beabsichtigt. Geradezu grotesk: Da unterstellen braungefäbte Populisten unseren öffentlich-rechtlichen Medien eine vom Staat gelenkte Einheits-Berichterstattung (wie sie damals in der DDR geübt und davor von Goebbels vorgegeben wurde), empfehlen dann stattdessen (!!) den russischen Kanal Russia Today (RT). Das finden gut informierte Nachrichten-KonsumentInnen zum Lachen, doch Andere erhoffen sich tatsächlich, dort die „bei uns verschwiegene Wahrheit“ zu erfahren. Ach Leute, denkt doch mal nach: Putin mit seiner Karriere im Geheimdienst und als gewiefter Machthaber hat ganz andere Interessen…
Aber wem sage ich das?! Man kann vielseitig informiert sein, auch aus sehr unterschiedlichen Quellen. Aber man sollte dann in der Lage sein, das Gelesene, Gesehene, Gehörte vernünftig einzuordnen. Dabei ist Voreingenommenheit keine gute Hilfe. Denn dann läuft man Gefahr, mit den sprichwörtlichen Lemmingen in eine Richtung zu laufen, ohne zu sehen, wo es hin-, und womöglich: hinab geht.

W. R.

mehr über Demokratie und ihre Probleme  >Clio 10.

Und am Rande noch eine kleine Denkaufgabe: Warum lobt Donald Trump seinen „Freund“ Boris Johnson, das Gesicht der Brexit-Kampagne und Ex-Außenminister von GB?

Und eine Frage eines irritierten Fernsehzuschauers: Am 10. Juli 2018 schaue ich die Nachrichten und sehe ungläubig einen Bundesinnenminister Seehofer (CSU), wie er seinen „Masterplan“ zur Asylpolitik der Öffentlichkeit vorstellt. Wie bitte?? Der ist immer noch Innenminister, nach allem, was er sich in den letzten Wochen gelappt hat? Und bei seiner aktuellen Quertreiberei? (Und nach all seinen früheren Purzelbäumen, siehe z.B. >Blog vom 04.07.2015) Ein Politiker und Bundesminister, der verneint, dass der Islam zu Deutschland gehört, muss sich allmählich auch die Frage gefallen lassen, ob Bayern (mit seiner gegenwärtigen, Orban- und Putin-freundlichen Regierung) noch zu Deutschland gehört… Und wer (wie Söder) demonstrativ mit dem Kreuz vor den Kameras herumwedelt, muss sich fragen lassen, was er als Christ gegen das Ertrinken tausender Menschen im Mittelmeer zu tun gedenkt.

Da liegt noch viel Integrationsarbeit vor uns — bis diese Politiker unsere Werte verinnerlicht haben und sich als gute demokratische Vorbilder zeigen. —

Nachtrag am 03.08.2018: Horst Seehofer (CSU) scheint da vom Weg abgekommen zu sein. Anscheinend setzt er mehr auf Vorbild Trump: Er will in Kürze twittern, um seine Wahrheit unters Volk zu bringen, weil die bösen Medien Fake News über ihn verbreiten. Ja, Horst, heul doch! Oder erklärst du auch, wie Trump, die Medien demnächst zu „Feinden des Volkes“?

Das bayrische Rumpelstilzchen auf dem Sessel des Innenministers ist übrigens auch Bundesbauminister, denn das Ressort ist dem Innenministerium unterstellt. Hallo, Ihr verzweifelt eine bezahlbare Wohnung Suchenden: Habt Ihr vielleicht gehört, dass sich Horst um die lange fällige Reform der Mietpreisbremse und um vermehrten Bau von Sozialwohnungen kümmert? Bislang hält er das Land und die EU mit „wichtigeren“ Dingen in Atem, nämlich mit Detailfragen zur Flüchtlingspolitik, und mit Querschlägen gegen die Kanzlerin. Das kommt bei Vielen nicht gut an. So kam es, dass die CSU bei der Landtagswahl ein schlechtes Ergebnis einfuhr und von der erhofften Wiedererlangung der absoluten Mehrheit in Bayern weit entfernt blieb.

Köln-Notizen 4/2016

50Zunächst: Wir erinnern uns (oder lesen nach), was zum Blog auf der >Startseite von fu-frechen.de geschrieben steht. Darum verweisen wir erstmal auf den Kalender der FUF (>FUF – der Club/Gedenk- und Feier-Kalender der FUF) zum heutigen 01.09. Gestern allerdings wollten unsere Medien gern den Jahrestag von Merkels „Wir schaffen das!“ thematisieren, wobei nicht mehr herauskam als die bekannten Pro- und Kontra-Standpunkte. Mir ist dabei längst klar, dass Merkel ihre Politik gar nicht seit dem 31.08.2015 stur verfolgt hat, wie Gegner ihr gern vorhalten, vielmehr sah ich danach verschiedene Anzeichen einer realpolitischen Anpassung an die sich ändernde Lage. Das wurde leicht übersehen wegen Horst Seehofers Getöse um Obergrenze und Grenzendichtmachen. Aber das nur am Rande, denn ich sehe mich nicht berufen, hier zur großen Verteidigung von Merkel bzw. ihrer Politik auszuholen oder zum großen CSU-Bashing. Letztlich geht es da auch um Verhinderung weiterer Wahlerfolge der AfD.
Und so sehr ich manche sachlich begründete Kritik an der Regierung verstehen kann, so sehr widerstrebt es mir, gewissen Kotzbrocken der AfD Gehör zu schenken, allen voran jenem Geschichtslehrer H. (eine Schande für seine Zunft!), der in meinen Augen einige Disziplinarverfahren und Anzeigen wegen Volksverhetzung verdient. Es fällt mir auch sehr schwer, Leute nicht als Nazis zu bezeichnen, die sich rassistisch äußern. Dieselben empören sich aber, dass sie „in die rechte Ecke gestellt“ werden.

Natürlich ist Rassismus auch ein wesentlicher Kernpunkt der NS-Ideologie, ganz klar! Wie geschichtsvergessen muss man denn sein, das nicht zu wissen (oder sich dumm zu stellen) und sich ganz naiv als braven Demokraten zu bezeichnen?! Wie wenig vom Grundgesetz weiß so ein Mensch? Wie fremd sind ihm die Menschenrechte?

Mich erstaunt oder erschreckt oft, wie Menschen neue Nachrichten einfach in ihr altes Weltbild einordnen oder, wenn das nicht geht, diese schlicht ignorieren. Klar, der Mensch hängt am Gewohnten, aber muss er deshalb sein Weltbild mit einer Mauer aus Vorurteilen schützen, muss er deshalb wider besseres Wissen-Können an falschen Behauptungen kleben bleiben?

Da wir oben das Signet „Köln-Notizen“ haben, will ich auch aus Köln ein Beispiel anführen: Die Ursache für den Einsturz des Stadtarchivs (2003) wird immer noch untersucht. Einige Leute unkten bereits: Das zieht sich ja ewig hin, das wird solange verschleppt, bis keiner mehr schuld ist… Das passt schön in das Weltbild, das sich kritisch gibt und überall nur Machenschaften wittert. Wahr hingegen scheint mir, dass die technische Ermittlung der Einsturzursache (die gerichtsfest sein muss — und mit hohen Schadenersatzforderungen verbunden ist!) größtmögliche Sorgfalt erfordert und nicht beliebig beschleunigt werden kann. Also dauert das eben — in einem Rechtsstaat.

Beim Neubau des Stadtarchivs am Eifelwall gibt es auch Verzögerungen und Kostensteigerungen. Das passt wiederum ins Bild für diejenigen, die inzwischen gewohnheitsmäßig auf die Stadt Köln bzw. die Stadtverwaltung einprügeln. Dabei sind diese Verzögerungen u.a. auf die erhöhte Vorsicht bei der Kampfmittelräumung zurückzuführen, denn Köln ist im Zweiten Weltkrieg ziemlich plattgebombt worden und hat seither eine Menge Blindgänger im Boden.

Das nochmal als Erinnerung, auch an den 1. September. Jedem sind hoffentlich noch die Fotos der Kölner Ruinenlandschaft von 1945 im Gedächtnis (>Koeln 1945 – Köln – Wikipedia) , auch wenn aktuell ähnliche Bilder z.B. aus Syrien in den Fernsehnachrichten zu sehen sind. Hier in Köln, in ganz Deutschland hoffentlich ist das eine bleibende Erinnerung und Erfahrung: Krieg ist das schlimmste, was uns passieren kann. Und das fängt damit an, dass man sich zerstreitet und den Streit eskalieren lässt, anstatt friedliche Mittel zum Gespräch und zum Interessenausgleich zu nutzen — und fest zu etablieren. Dazu gibt es auch eine EU.

Doch manche Polit-Clowns wollen uns die überholte Vorstellung auftischen, dass NATIONAL das allein seligmachende Prinzip der Politik sein sollte. Schmarrn! Ein „Europa der Vaterländer“ hatten wir schon, z. B. vor dem Ersten Weltkrieg, und vor dem Zweiten. Unsere blutig und teuer erkauften Erfahrungen sollten uns eine Lehre sein! Wer das für eine billige Phrase hält und nichts davon wissen will, wie Krieg entsteht, kann sich gern hier über die konkrete Wahrheit informieren: Krieg in Jugoslawien: Ein Filmemacher aus Sarajevo erzählt – SPIEGEL ONLINE

Doch diese Erfahrungen muss man eben auch zur Kenntnis nehmen! Das heißt vor allem: nicht mit der Zuspitzung von Konflikten spielen, erst recht nicht mit Gewalt und Krieg als Möglichkeit der Auseinandersetzung. Damit sollte man nicht einmal drohen. Doch dazu muss man mental auch in diesem Jahrhundert ankommen und nicht Vorstellungen anhängen oder nachtrauern, die uns früher in Kriegstreiberei und Kriegswahn geführt haben. Dazu muss man auch die alten Illusionen vom Nationalstaat mit homogenem Staatsvolk ablegen und sich die Wirklichkeit anschauen: Wo man versucht hat, mit Gewalt ein uniformes Staatsvolk zu schaffen, gab es unterdrückte Minderheiten, Konflikte, Aufstände. Am besten fahren Staaten oder Staatenbünde, die von vorneherein Vielfalt zulassen und den Staat nicht völkisch definieren, sondern über das, was alle wollen: das gemeinsame Wohl.

Damit hat man beispielsweise in Köln auch weniger ein Problem. So war es kein Zufall, dass ein Pegida-Ableger „Kögida“ sich in Köln nicht etablieren konnte (mehr >Blog / Köln-Notizen #17, vom 09.01.2015). Ein rechtsradikal gesinnter Mann, verzweifelt über mangelnden Rassismus in Köln, glaubte sich daraufhin berechtigt, zur Mordtat zu schreiten in der verblendeten Hoffnung, damit seinen politischen Vorstellungen Realität zu geben >Blog / DD in Köln, vom 17.10.2015. Wie bei anderen Terroristen auch, steht da Gewalt und Blutvergießen als Mittel an erster Stelle. Wer so etwas gutheißt, verlässt nicht nur den Boden unserer Verfassung, er stellt sich vielmehr auch außerhalb der menschlichen Gesellschaft.

Wie sagt eine kölnische Redensart: „Levve un levve losse.“ (Leben und leben lassen.) …!

W. R.

Kurzer Nachtrag: Der erwartete Erfolg der AfD bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern verstärkt leider auch den Eindruck, dass Menschen am (geografischen) Rande der Republik, anscheinend wenig beleckt von politischem Grundwissen, mit dem Bauch ihr Kreuz in der Wahlkabine gemacht haben: Wo fast keine Flüchtlinge oder überhaupt Ausländer gesichtet werden, ist die Abwehr und Angst am größten!

Die wenigsten Wähler wissen überhaupt, was die aus verschwommener Protest-Haltung gewählte AfD an konkreten programmatischen Zielen nennt. Das ist geradezu die Stärke der AfD-Propaganda: drastische Sprüche klopfen, aber im Ungefähren bleiben. Damit wird keiner der o.g. Wähler überfordert, oder abgeschreckt, oder gar zum Denken verleitet. Na dann: Viel Spaß im Deutschen-Getto! Eines ist leider auch zu erwarten: Ausländische Investoren werden sich nicht darum reißen, in diesem Landstrich Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist das Traurigste an diesem Wählerverhalten (nicht nur in MV): Sie sehen keine Zusammenhänge, wo sie sie sehen sollten. Mehr zu MeckPomm >Mecklenburg-Vorpommern: Das passiv-aggressive Bundesland – SPIEGEL ONLINE – (Ja, hat nicht direkt mit „Köln-Notizen“ zu tun. Sollte man aber mal anschauen, damit man sich in Deutschland besser auskennt.)

Der Nachtrag war doch nicht so kurz. Tschuldigung, aber man will ja den BesucherInnen dieser Website ein möglichst fundiertes Informationsangebot liefern — über den Tag hinaus. Für’s geifernde Schnellkommentieren sind Andere zuständig.

W. R. 05.09.2016

13g+

Des sog I dir…!

Der Urbayer spricht...

Sepp, der Urbayer, spricht…

Des sog I dir: Unser beliebtes bayrisches Rumpelstilzchen schafft es tatsächlich wieder in die Negativschlagzeilen! Er und seine CSU wettern gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Damit nicht genug, setzt er dem übervollen Fass noch die Krone auf: Er will Viktor Orban aus Ungarn zu einer Klausurtagung seiner Landtagsfraktion einladen. Wäre es nicht Horst Seehofer, man würde es kaum glauben. Aber es scheint ihm wirklich ernst zu sein: Die Medienberichte über 1ebhunderte bayrische BürgerInnen, die in München Hbf. einlaufende Züge mit Flüchtlingen begrüßen und sie sogar mit Beifall empfangen – das geht ihm entschieden zu weit, das sendet ja ein falsches Signal in die Welt! „Willkommenskultur“ kann er gar nicht hören! Neiiiin, halt, halt, die anständigen Bayern sind doch gegen Flüchtlinge, und sie sind in der Mehrheit!! So wie in Ungarn, wo sein Bruder im Geiste regiert. Der erklärt im Fernsehen, dass „illegaler Grenzübertritt ein Verbrechen“ sei (und … sollt Ihr im Kopf ergänzen: … schon deshalb alle Flüchtlinge Kriminelle seien). Viktor kennt sich eben aus mit Rechtspopulismus, und Horst will ihn einladen, um von ihm noch was zu lernen.

Was uns nur noch fehlt: Seehofer lädt die berüchtigte Kamerafrau, die Flüchtlingskinder tritt,  (>Kommentar zur ungarischen Kamerafrau: Bild für die Folgen ungarischer Hetzpolitik | Politik – Kölner Stadt-Anzeiger) nach München ein und spendiert ihr eine Sause auf dem Oktoberfest – inklusive Selfie mit dem bayrischen Ministerpräsidenten, das per Facebook verbreitet wird, um das „wahre, bodenständige“ Bayern zu zeigen, das solidarisch mit den besonders „bodenständigen“ Ungarn ist.

Wenn das so weitergeht, wird man bald fordern, dass Ungarn und Bayern aus der EU ausgeschlossen werden — zumindest auf Zeit, bis sie zur Besinnung kommen bzw. ihre Regierungen aufhören, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus zu befeuern. Als Urbayer muss ich sagen: Mir ist unser schönes Bayern zu schade, um es so in Verruf bringen zu lassen, wie es derzeit Rumpelstilzchen mit seiner Rumpeltruppe versucht. Des sog I dir!

Vroni, noch eine Maß, bitt schön! Ich muss mir die Politik schön saufen.

Ja Moment amoal, fast hätt ich vergessen zu erwähnen: Nicht nur Bayern und Ungarn sind es, viele europäische Länder tragen zur Blamage Europas vor der Welt bei, weil sie zuwenig oder gar keine Flüchtlinge aufnehmen wollen. Aber das ist auch noch nicht alles: Man hört, dass die UN von den Geberländern zuwenig Geld bekommen, um die Flüchtlingslager um Syrien mit genug Nahrung zu versorgen. Das treibt die Menschen erst recht zur Verzweiflung und auf den Weg nach Europa. Ja was denn sonst?

I moan, es ist ein Unding, wie Regierungen reihenweise das Problem vor sich herschieben – und es damit noch schlimmer machen. Wer, wenn nicht unsere Regierungen, hat denn Botschaften im Ausland und Geheimdienste etc., die ihnen frühzeitig mitteilen können, was da als „Flüchtlingswelle“ anrollt? Sapperment, seit wann haben wir denn ertrinkende Flüchtlinge auf überladenen Nussschalen im Mittelmeer? Doch nicht erst seit einer Woche oder einem Monat! Host mi? Des sog I dir: Das kollektive Versagen in Europa hat daraus erst eine „Flüchtlingskrise“ gemacht.

Und wo wir schon mal beim Abwatschen sind: Auch die steinreichen Öl-Scheichs mischen mit, die schieben den Terrorbanden Geld zu, damit sie Syrien ins Chaos stürzen. Mei, und da gibt’s trotzdem jede Menge Touristen, die an den Golf fliegen, die gelackten Riesen-Hochhäuser anhimmeln und staunen, was man mit viel Geld alles machen kann. I sog dir was: Das würde mir im Traum nicht einfallen!

Vielleicht fahre ich doch noch nach München und begrüße Flüchtlinge am Bahnhof. So als „Statement“, wie das heutzutage heißt. Im Klartext: Mir san mir, aber Unmenschen, des san mir net! Prosit!

Sepp

13g+