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Köln-Notizen 01/2020, Dreikönigstag

Die Heiligen Drei Könige sind in Köln besonders präsent — sind doch ihre Gebeine, geborgen in einem prachtvollen, goldenen Schrein, das Zentrum des Kölner Doms, der für ihre würdige Unterbringung und Repräsentation gebaut wurde. In vielen Kirchen sind sie Teil der Weihnachtskrippenszene, am 6. Januar, ihrem Gedenktag, gesellen sie sich zum Ensemble der Figuren.
Derzeit sind diese drei Figuren in manchen Kirchen nicht präsent, sie wurden entwendet. Damit wollten Aktivisten auf die aktuelle Flüchtlingsproblematik aufmerksam machen. Wieso das? Der Zusammenhang leuchtet kaum ein: Die drei Weisen, Sterndeuter, Könige sind laut Matthäus, der sie in seinem Evangelium auftreten lässt, von Osten nach Jerusalem gekommen, um einen neugeborenen König aufzufinden, zu ehren und zu beschenken, den sie schließlich in Bethlehem finden. Von Flüchtlingen ist da keine Rede. Erst kurz nach dem Besuch der Drei flüchten Maria und Josef mit Jesus nach Ägypten, um Jesus vor der Ermordung zu retten.
Um auf die Situation von Flüchtlingen aufmerksam zu machen, die z.B. auf griechischen Inseln unter unmöglichen Bedingungen in überfüllten Lagern hausen, wären Aktionen sinnvoller, die den Verhinderern einer menschlichen Flüchtlingspolitik in Europa Druck machen und sie nicht mit bloßen Lippenbekenntnissen zu einem „christlich-abendländischen“ Europa davonkommen lassen. „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen,“ heißt es ja schon in der Bibel!
Also: Statt Helfer im Mittelmeer zu kriminalisieren, sollten die EU-Staaten sich endlich zu einer gemeinsamen Haltung und konkreten Hilfsmaßnahmen gegenüber Flüchtlingen durchringen, endlich einige schon auf dem Papier vorhandene Maßnahmen umsetzen und sich vor Erdogans Erpressungsdrohungen mit der massenhaften Weiterleitung syrischer Kriegsflüchtlinge nicht in die Hosen machen.
Gut, das ist leicht gesagt, und geredet wurde schon viel. Aber, wie es im Fußball heißt, „entscheidend is auf’m Platz!“
Wenn es nicht die „christlichen Werte“ sind, die Europa hochhält, wie steht es dann mit den Menschenrechten? Deren Respektierung wird nur solange gefordert, wie keine wirtschaftlichen Interessen auf dem Spiel stehen. Da lob ich mir doch den damals vielgeschmähten Fußballer Mesut Özil, der neulich öffentlich gegen die Unterdrückung der Uiguren in China protestierte — wofür sich dann wiederum sein Verein offiziell entschuldigen zu müssen glaubte! Immer, wenn Sportler öffentlich politischen Protest äußern, springen viele „Offizielle“ im Dreieck. Das kennt man ja auch aus den USA.
Aber was soll aus dieser Welt werden, wenn wir den Mächtigen und Offiziellen jede Schweinerei durchgehen lassen?
W. R.

Übrigens: Im Januar 2014 gab es bereits einen Blog-Beitrag „Drei Könige“.

Drei Könige

Von den Gebeinen der Heiligen Drei Könige, die als Reliquien in einem goldenen Schrein im1ba Kölner Dom liegen, war bereits die Rede*. Dennoch firmiert dieser Beitrag nicht unter „Köln-Notizen“, denn thematisch ist er universal ausgerichtet, zumindest aber Deutschland betreffend.

28+Die links abgebildete Comic-Skizze ist zwar schon über zwei Jahrzehnte alt, spiegelt aber immer noch den in Deutschland verbreiteten, populären Tenor gegenüber Ausländern wider. (Technischer Hinweis: Mit einem Mausklick auf die Abb. wird alles deutlicher und größer.)

Wir haben in Deutschland eben keine Willkommenskultur gegenüber Fremden, die Fremden sind als wenige einzelne Exoten geduldet, bei größeren Zahlen von Zuwanderung breitet sich in der eingesessenen Bevölkerung ein Bedrohungsgefühl aus.

Statistiken und Fakten mögen belegen, dass sie keine Bedrohung darstellen, diese werden jedoch weitgehend ignoriert: Die Gefühle sind stärker. In dem Fremden wird nicht der Mensch gesehen, sondern eine Bedrohung des eigenen Besitzstandes. Und was nicht bedrohlich aussieht, das wird misstrauisch beäugt, und man unterstellt verborgene Absichten.

Es gibt genügend psychologische Studien. die diese Mentalität, oder besser: Gefühlslage einer Persönlichkeitsstruktur erklären. Sie kommt bei Menschen weltweit vor. Doch scheint sie in manchen Gegenden und Ländern stärker aufzutreten.

Der Mensch hängt am Gewohnten, weil es scheinbar Sicherheit gibt, Orientierung in der eigenen Lebenswelt, ein Gefühl der Geborgenheit. Da stören bzw. verstören Menschen, die von außen kommen, von denen man annehmen muss, dass sie andere Werte und Gewohnheiten schätzen.

Einige Menschen begegnen solchen Fremden mit Neugier und Offenheit, betrachten sie sogar als Bereicherung des allzu vertrauten heimatlichen Spektrums. Doch andere reagieren mit Misstrauen und Ablehnung, wie gesagt, und verbarrikadieren sich mit Gleichgesinnten in einer mentalen Wagenburg. Sie wollen unter sich bleiben. Die Abwehr des Fremden schließt die eigenen Reihen fester zusammen.

Man findet solche Vorgänge nicht etwa nur in abgeschiedenen Dörfern, sie treten ähnlich z.B. auch im Kollegenkreis eines Betriebes in der Großstadt auf, wo sich eine Cliquenwirtschaft gebildet hat und ein Neuer erstmal nicht dazugehört. Wenn der sich nicht bald als Gleichgesinnter integriert, wird er sehr schnell zum Mobbingopfer. Die Clique tobt dabei niedere Instinkte und eigene Angst- oder Minderwertigkeitskomplexe aus, ohne sich dessen bewusst zu werden. Manche machen auch mit, um nicht selbst Mobbingopfer zu werden.

Das Fatale ist, dass ein latentes Bedrohungsgefühl durchaus berechtigt sein kann, z.B. wenn betriebsbedingte Kündigungen ins Haus stehen, dass aber kein Gegner konkret fassbar ist und die Bedrohten sich im Mobbing abreagieren, sich also eher gegenseitig das Leben noch schwerer machen. Dies scheint umso näher zu liegen, je weniger die Verunsicherten Mittel und Wege kennen, sich mit Anderen in ähnlicher Lage zusammenzutun und gemeinsam Gegenwehr zu entwickeln und zu organisieren.

Die Erzählung von den Heiligen Drei Königen mag teilweise oder ganz erfunden sein. Zu Anfang war auch von Weisen die Rede, die nach Bethlehem kamen. Vielleicht brachten sie ja Geschenke, die in anderem Sinne wertvoll waren: Weisheit, die sie Anderen mitteilten, wie: „Der Zufriedene ist immer der Reichste.“ Und vielleicht wurde später von Königen gesprochen, weil eine andere ihrer Weisheiten lautete: „Froh zu sein, bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König.“

1d-The Three Magi rocking

The Three Magi, rocking with joy

-SR-

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* im Beitrag „Wie kam Audomar nach Frechen?“ vom Juni 2013, zu finden auf der Unterseite >Frekena

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